Warnung vor dubiosen AU-Bescheinigungen


Von:  LIV Nordrhein / 07.09.2023 / 14:18



Aufgrund einer Anfrage eines Innungsbetriebs sind wir auf eine dubiose Masche gestoßen, bei der Arbeitnehmer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegen, die höchst wahrscheinlich über einschlägige Online-Portale erworben wurden.

Vor solchen Fake-AUs warnen auch Krankenkassen und Ärztekammern, wie zum Beispiel die Ärtzekammer Nordrhein.

Mehrere für die Webseite dransay.com tätige „Ärzte“ treten mit verschiedenen Praxisadressen in ganz Deutschland auf und sind den Krankenkassen namentlich bekannt. Das Online-Portal weist in den eigenen AGB darauf hin, dass die Ärzte Hassan Zuberi, Haresh Kumar und Ahmad Abdullah ihren Praxissitz in Pakistan haben und nur dort registriert sind.

Bei den auf den AUs angegeben Adressen in Deutschland (u. a. Friesenplatz 4, 50672 Köln und Gildehofstr. 10, 45127 Essen) sind laut Ärztekammer keine Arztpraxen zu verzeichnen.

Von diesen „Privat-Ärzten“ kann es deshalb auch keine elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, kurz eAU’s, geben.

Die Ärztekammer Nordrhein weist darauf hin, dass die Verwendung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, aber auch von anderen Bescheinigungen (z. B. Covid-Testbescheinigungen, Impfunfähigkeitsbescheinigungen), die auf diesen Portalen erworben werden, gegebenenfalls arbeits- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Das Arbeitsgericht Neumünster (Urteil vom 04.08.2022, 1 Ca 88 b/2, für eine Testbescheinigung) führt in einer Pressemitteilung aus:

"(…) Die Vorlage einer vorgefertigten ärztlichen Impfunfähigkeitsbescheinigung, ohne dass vorher eine Untersuchung erfolgt ist, stellt eine sehr schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten dar, die das Vertrauen in eine ungestörte weitere Zusammenarbeit auch ohne vorherige Abmahnung zerstört. Es musste der Klägerin klar sein, dass die vorgelegte Bescheinigung zwar bei der Arbeitgeberin den Anschein eines ärztlichen Zeugnisses erwecken würde, aber in Wahrheit nicht auf einer ärztlichen Untersuchung beruhte. (…)."

Im Übrigen stellt das Gericht in Neumünster in seiner Entscheidung heraus, dass bei der Inanspruchnahme solcher Online-Services Unwissenheit nicht vor Strafe schützt:

"Soweit der Kläger behauptet, er habe nicht gewusst, dass ein im Internet erlangtes Testzertifikat unzureichend sei, wertet dies die Kammer als reine Schutzbehauptung. Der Kläger hätte insbesondere durch eine einfache Internet-Recherche herausfinden können, dass derartige Bescheinigungen nicht den rechtlichen Anforderungen genügen und in öffentlich zugänglichen Medien von der Nutzung entsprechender Anbieter abgeraten wird."

Es ist zwar traurig, aber angesichts solcher Geschäftsmodelle anzuraten, bei zweifelhaften AU-Bescheinigungen (z. B. mit abweichender Versichertennummer) bei der zuständigen Krankenkasse nachzufragen, ob fragwürdige Ärzte mit Fake-Praxen dahinter stehen. Lässt sich der Verdacht erhärten, dass die AU ohne vorherige ärztliche Untersuchung ausgestellt wurde, sollte eine Entgeltfortzahlung wegen unzulässigen Nachweises der Arbeitsunfähigkeit zurückgewiesen werden.


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