Wie oft müssen deutsche Gerichte noch entscheiden, bis die Branche (Versicherer/Betriebe) kapiert: Desinfektionskosten sind zu erstatten!


Von:  Bundesverband - Dr. Albert Bill / 26.03.2021 / 10:52


Nach der Entscheidung des AG Bad Kissingen mit Urteil vom 22.12.2020, AZ: 72 C 287/20 besteht bei einem weiteren deutschen Gericht kein Zweifel daran, dass Desinfektionskosten nach einem Verkehrsunfall zu erstatten sind.


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Nach Ansicht des AG Bad Kissingen sind die Kosten vollumfänglich zu regulieren, die Kosten für Desinfektion gehören zu dem gemäß § 249 BGB ausgleichfähigen Schaden. „Dies ergibt sich schon zum einen aus der ständigen Rechtsprechung zum Werkstattrisiko, was dem Geschädigten bei Durchführung einer Reparatur entsprechend dem Schadengutachten grundsätzlich Anspruch auf vollen Ausgleich der Werkstattrechnung gibt wegen fehlender Einflussmöglichkeit auf die Art der Reparaturausführung durch die Werkstatt, zumal die Position Desinfektion auch in dem Schadengutachten aufgeführt ist. Zum anderen kann auch der Argumentation der Beklagten, es handle sich hier um aus dem Arbeitsschutz für die Mitarbeiter der Beklagten während der Corona-Pandemie entstehende Allgemeinkosten, die nicht in die Reparaturrechnung mitaufzunehmen seien, nicht gefolgt werden.“ Es ist allein Entscheidung des Betriebs, welche im Betrieb entstehende Gemeinkosten auf die Kunden umgelegt werden. Die Desinfektion des Kundenfahrzeugs dient aber nicht allein dem Schutz der Mitarbeiter der Werkstatt, sondern auch dem Schutz des Kunden.
„Dass eine Desinfektion allgemein erwartet und somit auch nicht als übervorsichtig und daher nicht ausgleichfähig einzustufen ist, ergibt sich schon aus der Tatsache, dass für alle öffentlichen Gebäude – so auch beim Amtsgericht Bad Kissingen – das Aufstellen von Desinfektionsspendern zum Hygienekonzept gehört, das auch zum Schutz der Besucher und nicht nur der Mitarbeiter des Amtsgerichts entwickelt worden ist. Quelle: autorecht aktuell Noch deutlicher und transparenter kann das Gericht seine Entscheidungsgründe doch kaum zum Ausdruck bringen. Einfach vernünftig! Da hilft es dem zahlungspflichtigen Versicherer auch nicht unter Verweis auf Aussagen des RKI oder anderer Institutionen diese Zahlungen zu verweigern. In einem Antwortschreiben des RKI an einen unserer Mitgliedsbetriebe wird ausgeführt: „Die Hygiene-Empfehlungen des RKI und der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention richten sich primär an Einrichtungen des Gesundheitswesens.“ Der „vernünftige, verständige und wirtschaftlich denkende Mensch, der als Maßstab in der Rechtsprechung, häufig die Grundlage für richterliche Entscheidungen darstellt, wird doch bei einer täglichen Neuinfektionsrate größer 20.000 erwarten dürfen, dass alle Maßnahmen zum Eindämmen der Pandemie ergriffen werden, insbesondere auch dann, wenn diese eindeutig einem Schädiger zugerechnet werden können. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir allen Betrieben Desinfektionsmaßnahmen an den Kundenfahrzeugen durchzuführen und nach Aufwand angemessen zu fakturieren. Die vom ZKF in Verbindung mit dem AZT ermittelten Pauschalwerte gelten dabei nur, wenn Sie exakt nach dieser Methode vorgehen. Wenn in Ihrem Betrieb andere Methoden der Fahrzeugdesinfektion zu Anwendung kommen, können auch diese im angemessenen Rahmen, nach tatsächlich entstandenem Aufwand, zur Verrechnung kommen. Achten Sie darauf, dass die Desinfektionsmaßnahme, die in Ihrem Betrieb durchgeführt werden auch im Sachverständigengutachten bereits berücksichtigt sind. Denn auch hier gilt: Sachverständiger, Anwalt und Fachbetrieb im Team garantieren dem Kunden den vollen Schadenersatz, der ihm nach dem Gesetz zusteht. Nur ein KV kann dies vom Grundsatz her nicht leisten und die Betriebe verkürzen i.d.R die Ansprüche ihrer Kunden. Weitere Aspekte zur Thematik finden Sie auch im Dokument mit dem Titel: Gedanken und Fakten zum aktuellen Reizthema: „Kosten für die Fahrzeugdesinfektion im Rahmen der Unfallinstandsetzung“

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